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Höher, schneller, weiter, besser, neu, neu, neu… Da wird mir manchmal ganz schwindelig. So las ich gerade: “Die “alten” Rauhnächte sind überholt, machen wir daraus eine Challenge.” WAS? Die stille Zeit zwischen den Jahren soll zum Wettrennen werden? Nicht mit mir. Nur weil etwas “Althergebracht” ist, ist es doch nicht schlecht – ganz im Gegenteil. 

Rituale, Bräuche, Traditionen sind so wichtig – im Großen und im Kleinen. Sie geben uns einen Rahmen in der turbulenten Zeit, sie sichern Zusammenkunft und Zusammenhalt. Sie schenken Freude und Gemeinsamkeit. Und dabei ist es egal, ob es ein Osterfeuer ist, Karneval, Oktoberfest, Weihnachtsmärkte, die Silvesterfeier, oder einfach der Ablauf des ganz persönlichen Tages mit gemeinsamen Mahlzeiten oder der “Gute Nacht Geschichte” für die Kinder. So entdecken wir schon früh, dass wir ein Teil des Ganzen sind – zugehörig – einfach, weil wir sind und nicht, weil wir leisten.

Ein Ritual wird durch stetige Wiederholung zum Brauch und der Brauch wird zur Tradition. Was irgendwann, vielleicht vor langer Zeit, zu Beginn ein simpler und logischer Ablauf war, hat heute ein bisschen Magie und Feenstaub. In Bräuchen und Traditionen steckt so viel altes Wissen, was im heutigen Alltag schnell in Vergessenheit gerät. Sie sind ein Stück Heimat in dieser rasenden und globalisierten Welt. Auf der Suche nach dem Sinn bei unendlichen Möglichkeiten, großen Veränderungen und Ängsten finden wir durch sie Trost und Zuversicht. 
Jeder Mensch, jede Familie, jede Region, jedes Land hat seine eigenen und buntesten Bräuche und Traditionen. Auch, wenn wir vielleicht manchen Brauch und manches Fest belächeln, es holt uns aus der Eintönigkeit des Alltags. Große und kleine Bräuche schaffen einerseits eine Struktur und andererseits eine Auszeit und etwas Besonderes. Viele Feste sind für die Sinne: Riechen, schmecken, sehen, hören, anfassen – genießen. Wie “schmeckt” für Dich Weihnachten oder wie “riecht” es Ostern? Diese Bräuche sind für Herz, Sinne, Seele und für Geist und Verstand. Sie verleihen der Zeit und dem Sein Gewichtung. 

Ist es nicht schön, Bräuche und Tradition zu pflegen und auch immer wieder neugierig zu erforschen? Jedes Ritual darf zelebriert werden – alles, was Dir gut tut, behalte Dir bei. Pflege Bräuche und Traditionen und gib sie weiter. Wir brauchen dies anderen nicht überstülpen, machen wir sie doch einfach neugierig. 
Doch verwechsle nicht Gewohnheit mit einem Brauch. Ein Brauch ist etwas, dass schon Deine Vorfahren, die “Alten” kannten, was Du fortführst, etwas, was mit der Gemeinschaft zu tun hat (das kann die Familie sein und auch größere Zusammenschlüsse) mit Zugehörigkeit, mit Wurzeln. 
Es gibt eine Redewendung: “Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern der Glut.” – Nur ein Gedenken an etwas Traditionelles reicht somit nicht. Es geht um das Lebendig-Halten, das Leben, das Tun – mit allen Sinnen. Traditionen erinnern uns daran, dass wir Teil einer Reihe sind, sie geben uns Werte und Wurzeln. 

Für mich sind gerade die Rauhnächte ein besonderer Brauch und eine Tradition, die ich nicht missen möchte. Sie sind die Zeit der Einkehr, des Zur-Ruhe-Kommens, der Rückschau, des Loslassen, des Einstimmen auf das Neue. Atmen. Genießen. Orakeln. Räuchern. Und es sich schön machen. 
Und auch da gehört für mich Gemeinschaft dazu. Zum 5. Mal in Folge darf ich viele von Euch durch die Rauhnächte leiten und ich finde immer wieder Neues, Interessantes und Wissenswertes über diese Zeit. Magst auch Du eintauchen? 

Zu Weihnachten wird es einen kleine Impuls und Gruß von mir geben. Lass Dich überraschen.

Viele Grüße von mir zu Dir
Ich wünsche Dir und Deinen Lieben ein zauberhaftes und entspanntes Hineingleiten in die Weihnachtstage
Ilka Plassmeier